Kurz nach den Osterferien besuchten die Schülerinnen und Schüler des Jahrgangs 10 im Rahmen des Geschichtsunterrichts das Durchgangslager Westerbork. Dieser Besuch, der mittlerweile zum vierten Mal stattfindet und damit fester Bestandteil des Jahrgangs 10 ist, ermöglichte den Jugendlichen eine tiefe Auseinandersetzung mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs und der Bedeutung des Erinnerns. Was heute eine stille Landschaft mit Erinnerungsorten ist, war einst ein Ort des Schreckens – von hier wurden Tausende Menschen aus den besetzten Niederlanden in die Konzentrationslager deportiert.

Westerbork, ursprünglich 1939 als Flüchtlingslager für jüdische Flüchtlinge aus Deutschland eingerichtet, wurde während des Krieges zu einem Sammellager für die Deportation von rund 102.000 Menschen, vor allem Juden, Sinti und Roma, in Konzentrationslager wie Auschwitz und Sobibor. Im Gedenken an diese Opfer wurde auf dem Gelände ein eindrucksvolles Mahnmal errichtet: Eine Skulptur in Form einer Karte der Niederlande, auf der für jeden deportierten Menschen ein Stein gesetzt wurde. Diese Steine sind mit Symbolen versehen, die für die verschiedenen Opfergruppen stehen. Ein Schüler kommentierte: „Das Monument hat mir besonders gut gefallen, da es die Menge der Steine eindrucksvoll darstellt. Jeder Stein steht für ein Leben, und das lässt einen die Dimension der Tragödie wirklich begreifen.“

Im Museum selbst erhielten die Schüler einen detaillierten Einblick in die Geschichte des Lagers. Besonders berührend war die Geschichte von Leo Meijer, einem Jungen, der während des Krieges im Lager war. Das Museum stellte seine Geschichte anhand von Bildern und einem bewegenden Brief vor, den er als Kind geschrieben hatte. „Im Museum haben wir viele eindrucksvolle Bilder gesehen und viel über Leo Meijer erfahren, der als Kind im Lager war. Besonders bewegend war ein Brief von ihm, in dem er die schwierigen Umstände beschreibt, die er dort erleben musste“, berichtete ein Schüler. Dieser Brief lässt die Grausamkeit der Erlebnisse der Kinder im Lager auf erschütternde Weise erahnen und machte das Geschehen noch greifbarer.
Die Führung über das Gelände, einschließlich der originalgetreu nachgebauten Barracken, trugen ebenfalls zu einem tieferen Verständnis bei. Ein weiterer Schüler sagte: „Die Barracken und die Erläuterungen zu den wichtigen Gebäuden auf dem Gelände waren sehr gut dargestellt. Die Führung hat uns viele Informationen vermittelt und die Atmosphäre des Lagers eindrucksvoll spürbar gemacht. Auch das Museum bot viele interessante Ausstellungsstücke.“
Besonders emotional berührte die Schüler die Erinnerung an die Kinder, die wie Leo Meijer in Westerbork gefangen waren. Ein Schüler äußerte sich dazu: „Es bricht einem das Herz, wenn man merkt, was die Kinder durchmachen mussten. Diese Zeit war wirklich schrecklich.“ Die Schüler*innen zeigten sich vor allem von den persönlichen Schicksalen tief berührt, etwa von dem Baby, das nach drei Monaten Pflege wieder gesund war und dann doch in Auschwitz ermordet wurde. „Das ist echt die schlimmste Seite, die ein Mensch an sich haben kann – Babys zu ermorden. Wer hat da was von?“, kommentierte ein Schüler betroffen.



Auch die baulichen Relikte wie die Waggons oder das noch erhaltene Kommandantenhaus bewegten viele. „Man sieht, wie klein diese Waggons sind. Da waren so viele Menschen drin – das kann man sich kaum vorstellen.“ Das Kommandantenhaus, unter einem riesigen Glaskasten sichtbar, ließ die Schülergruppe erstaunen: „Ich finde es faszinierend, wie gut das Kommandantenhaus erhalten ist. Das macht Geschichte greifbar.“
Die Kombination aus Museum und Lagergelände wurde von vielen in der Reflexion als sinnvoll empfunden. „Erst das Gelände sehen, um ein Gefühl für den Ort zu bekommen, und dann im Museum in die Details eintauchen“, war eine häufige Empfehlung – auch für Eltern, die diesen Ort einmal selbst besuchen möchten, so erläuterte eine Schülergruppe den Ablauf des Besuchs in der Gedenkstätte.
Der Besuch des Durchgangslagers Westerbork hat die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Haren nicht nur mit der erschütternden Geschichte dieses Ortes konfrontiert, sondern ihnen auch gezeigt, wie wichtig es ist, die Erinnerung an diese Ereignisse zu bewahren und die Geschichten der Opfer lebendig zu halten.
Der Tag in Westerbork hat damit auch versucht die Dimension der Verbrechen des Zweiten Weltkriegs ein Stück weit nahe zu bringen und das Bewusstsein für die Bedeutung des Erinnerns und der Verantwortung für die Zukunft schärfte. Nicht nur historische Fakten sind vermittelt worden, sondern auch eine emotionale Auseinandersetzung mit den menschlichen Schicksalen und den langfristigen Folgen des Krieges konnten angestoßen, sodass eine Nachbereitung im Unterricht gelingen kann.
K. Kleesiek-Herding